Apsley Falls

Zeit und Raum

Wenn ich in diesem Bericht auch nur annähernd die Tiefe meiner Erfahrung, die ich in dieser Begegnung machte, wiedergeben kann, werde ich dem Zweck meines Schreibens an Euch gerecht.

Auf dem Weg über die „Great Dividing Range“, welche man überqueren muss, um an die Ostküste Australiens zu kommen, machte ich eine Kaffeepause in dem kleinen Städtchen Walcha. Die Gaststätte die ich aufsuchte um meinen Kaffee zu bekommen wurde soeben von einem jungen Mädchen aufgeräumt.
Auf meine Frage nach der nächsten Sehenswürdigkeit, platzte sie geradezu mit dem Namen „Apsley Falls“ heraus, einem Wasserfall, den ich unbedingt sehen müsste. Glücklicherweise lag dieser nur wenige Kilometer die Straße runter und so blieb mir mehr als genug Zeit in seiner Nähe mein Lager aufzuschlagen.

 

Noch am gleichen Abend machte ich mich auf die Gegend zu erkunden.
Was ich fand erstaunte mich nicht schlecht, erreichte aber seine volle Größe erst einen Tag später, an dem ich eine große Wanderung um die gesamten Ausmaße des Naturwunders unternahm.
Der Fluss, welcher auch durch das angrenzende Städtchen Walcha fließt, stürzt hier gute Siebzig Meter hinunter in eine Schiefer-Schlucht, welche sich, eben durch diesen Wasserlauf über Jahrmillionen hier bildete.

Ich wanderte also am Rande der Schlucht. Große Teile der Strecke sind mit hohem Geländer umgeben, um einen Sturz in die Steile Tiefe auch für Kinder auszuschließen. Nach einigen Kilometern nimmt diese Befestigung dann ein Ende und man hat die Wahl die Wanderung ohne Sicherheiten fortzusetzen.
Ich war inzwischen von der Größe die sich mir vermittelte so berührt, dass ich einfach weitergehen musste, um auch den Teil zu sehen, in welchem der Nationalpark nahtlos in die weitläufigen Weiden einer Farm übergeht. Tatsächlich hatten sich hier vor mehr als hundert Jahren Pioniere angesiedelt , die das wilde Gelände urbar machten um Rinder zu halten.

Die malerischen Bäume auf den Weiden erinnerten mich an die erweiterte Realität der traumartigen Wirklichkeit des Lebens.
Ich meine die Wirklichkeit der Materie.
Wir stehen vor der Tatsache, dass Materie zum allergrößten Teil aus Raum besteht (99,99999%), und die restlichen 0,00001%, die man vielleicht noch in irgendeinem Sinne als Materie – so wie wir sie verstehen – bezeichnen könnte, ist tatsächlich schwingende, vibrierende Energie. Denkt man dann an einen Baum und fragt sich wie dieser an die Masse kommt aus der er sein Holz bezieht, dann ist die Antwort: „Aus der Luft!“ Nur den kleine Rest eines Baumes, der nach dem Verbrennen übrigbleibt, bezieht dieser aus dem Erdreich. Das Meiste ist gebundener Kohlenstoff (CO²) aus der Luft.
Ich brauche bei einer sich so offenbarenden Wirklichkeit nicht zu betonen, dass die Beschaffenheit eines Traumes nicht wesentlich anders ist. Der für uns wohl wichtigste Aspekt ist, dass wir den Traum den wir des Nachts träumen auf andere Weise erfahren, sodass die daraus entstehenden Konsequenzen – z.B. bei einem Unfall – nicht so gravierende Auswirkungen auf unsere Zukunft haben. Dennoch bleibt die faszinierende Realität unserer materiellen Welt bestehen. Wir sind zwar ganz und gar in dem laufenden Szenario involviert, dürfen aber, aufgrund der eben genannten, wissenschaftlich erforschten Gegebenheiten davon ausgehen, dass Gedanken und Gefühle mit der Realität in der wir leben, auf ihre eigene Weise,  genauso viel zu tun hat, wie eine rein körperliche Aktion. Ja, sie könnte – und das halte ich für unser allgemeines Wohlbefinden für ausschlaggebend, unsere Beziehung sowohl zum Leben als auch zum Sterben grundlegend verändern.

Als ich dann von meinem Tagesausflug wieder in Richtung Wasserfall zurückkehrte, wurde mir im Anblick der steilen Schlucht das Folgende bewusst:

„Das menschliche Leben ist im Vergleich zum Zeitraum dieser großen Bewegungen (dem Graben des Wassers über Jahrmillionen in harten Stein) eine solch kurze Erscheinung, dass man es mit dem einer Fliege vergleichen könnte. Wir bewegen uns inmitten dieser Ereignisse, meist ohne davon betroffen zu werden. Und doch sind wir aus dem identisch gleichen Stoff gemacht.“

Das „Element“, das „Feld“, das „Universum“ bzw. die göttliche Urkraft, aus der diese Mahnmale der Zeit hervorgehen, bildet gleichzeitig die Grundlage, bzw. den Stoff aus dem wir, der Mensch, gemacht ist.
Dabei gehe ich inzwischen nicht mehr davon aus, dass wir von dieser Kraft irgendwann einmal gemacht wurden, um uns dann selbst überlassen zu sein, sondern dass wir diese Kraft sind, und sie im Bewusstsein dessen zum immer besseren, eindeutigerem Ausdruck bringen können. Das Göttliche will sich, wie auch im Rest der Natur, in uns gespiegelt sehen!

Als ich an diesem Abend zurück in mein Lager ging, waren meine Schritte sehr langsam und verhalten. Es gab keinen Grund mehr zur Eile. Der Eindruck der Göttlichen Realität in der Natur, hatte mich so ergriffen, dass ich eine bleibende Veränderung erfahren durfte.

Nicht umsonst suchen wir die Natur heim, wenn wir uns verloren fühlen. Was ich mit in mein Zelt nehmen durfte, ist die Wirklichkeit, dass die Urkraft aus der Universen hervorgehen, meine Brust hebt und senkt, mich denkt und lenkt, und es einzig meine Aufgabe ist, diese Erfahrung zu teilen.
Ich bedanke mich von tiefstem Herzen dafür und für Eure Aufmerksamkeit!

Herzlich,

Euer Richard C Rickert